Dienstag

Absolute Stille in der Wüste - nunja, fast...


In Jaisalmer haben wir eine 3-tägige Kamelsafari gebucht und sind dem Großstadtlärm für ein paar Tage entkommen.

Wenn man nicht sofort geht, steht man ewig... Wir wollten weg!

Das erste Aufsteigen war noch sehr verkrampft und ruckartig
Und los gings - mein Anblick der drei Tage

Kamele können bis zu 200 Liter in 15 min trinken und wir wissen jetzt auch wie - gleichzeitiges Wasserlassen sorgt für einen optimalen Wasserkreislauf. Die Höcker sind übrigens Fett, kein Wasser.


Es ist nicht so einfach ein hübsches Foto mit einem Kamel zu machen. Durch die hängende Unterlippe und dem leichten bis starken Unterbiss sehen diese Tiere einfach tierisch dumm aus...


Nach zwei Stunden auf dem Kamel schwante uns, dass das wohl eine eher schmerzhafte Erfahrung werden würde. Mir tat am ersten Tag schon der Hintern weh und es sollten noch zwei weitere folgen...

Wohlverdiente Pause


Wir sind sogar einen Tick braun geworden - immerhin fast ;-)


Alles im Griff?
Die Nächte haben wir in der Wüste auf Sanddünen verbracht. Die Thar-Wüste ist nämlich eher eine Steppe und hat nur vereinzelte große Sanddünen. Im Freien unter dem Sternenhimmel zu schlafen hatte echt etwas wildromantisches und ich hab noch nie so viele Sterne gesehen... Das war so der beste Teil der Safari!

Sonnenaufgang

Aufstehen? Ich wart noch bis die Sonne alles erwärmt hat...

Chai zum Frühstück
white touri walking...

Touris im Einsatz...

Evelyn will mehr Geschwindigkeit - ich will Ruhe für meinen Hintern ;-)

Sitzplatz mit Aussicht - hauptsache mal nicht in einem Kamelsattel :P

Daniel und ich zweisam auf der Sanddüne - ist schon sehr viel Sand...

Evelyn, Daniel, ich, Tuva und Kjersti

hier noch ganz friedlich...

und dann hätt ich doch fast nen Kuss bekommen - danke, nein ;-)

So ganz ruhig war die Wüste dann doch nicht, denn Kamele furzen und rülpsen in einer Tour...
Außerdem hat mein Kamel hier und da versucht mich loszuwerden - hätte man zumindest meinen können. So ein Kamel ist ja schonmal sehr groß, also war mein Respekt durchaus gegeben. Da hätte ich nicht noch gebraucht, dass meins permanent große Hecken in der Steppe gesucht hat, um sich ordentlich zu kratzen - ich saß drauf, aber ist einem Kamel ja egal...
Dass Kamele auch nicht zu den intelligentesten Tieren gehören wurde uns klar, als der Kamelführer mal abrupt angehalten hat und es zu einer Kamelkarambolage kam, weil die Viecher nicht gerade eine gute Reaktion haben... Dabei bin ich mit voller Wucht auf den Sitz des vorderen Kamels geknallt und ich hab seitdem einen faustgroßen Fleck in allen Grundfarben auf dem Oberschenkel.
Hat jetzt auch nicht gerade dazu beigetragen ein Vertrauensverhältnis zu dem Tier herzustellen muss ich sagen ;-)
Wir hatten zumindest einen Heidenspaß! Auch mit unseren drei Kamelführern, die der Meinung waren uns die Geschichte vom einsamen Touristen erzählen zu müssen. Uns war durchaus bewusst, dass wir eine Standardtour gebucht haben, da braucht er nicht so tun, als wären wir total in der Wildnis ohne eine andere Seele. Ein Beispiel: Wir haben Reifenspuren auf der Sanddüne gesehen und wollten wissen, ob man auch mit nem Jeep hier über Dünen brettern kann - klang ja auch verlockend... Und daraufhin meinte er, sehr darauf bedacht so zu tun, als hätten die Menschen hier noch nie ein Auto gesehen, "noo noo no cars here, that's a camel car" - ähm, ja, genau... Was sagt man darauf?
Wir haben uns für ein langezogenes "Ahhh..." entschieden...

Am nächsten Tag waren die Kamele mal wieder über Nacht ausgebüchst und es hat über eine Stunde gedauert die Tiere wieder einzufangen. Ein Kamel war besonders widerspenstig und daraufhin haben zwei der Kameltreiber angefangen mit Stöcken auf das Tier einzuschlagen, bis es an der Nase geblutet hat. Erst auf unser Rufen, dass sie das unterlassen sollen, haben sie aufgehört. Damit war die Safari für uns vorbei und wir haben den dritten Tag radikal abgekürzt und haben uns auf dem schnellsten Weg nach Hause bringen lassen.
War echt schade, dass die sonst so schöne Tour so geendet hat. Ich hör mir gerne Lügen über Camel Cars an und lass mich im Kreis rumführen, auch wenn sie sagen, dass wir sehr weite Strecken gehen. Alles OK,  aber bei Tiermisshandlung hörts dann einfach auf...

So wir haben heute den letzten Tag in Kalkutta und ich lieg im Bett, weil ich mir den Magen verdorben hab - und das nach vier Monaten in Indien. Man sollte meinen, dass man da irgendwann mal alles essen kann und dann kommt so ein gut aussehendes Subways-Sandwich und macht alles zunichte ;-)

Varanasi, Gaya, Kalkutta und ein Hauch von Reizüberflutung


Heute gibts noch ein paar Einblicke in unsere letzten Stationen in Indien.

Am 5.12. sind wir von Delhi nach Varansi geflogen, weil alle Züge völlig ausverkauft waren. Am Flughafen angekommen ging das Feilschen um ein Taxi los und so viel Spaß hatten wir noch nie!
Es gab nicht so viele weiße Fluggäste und deshalb haben sich beinah alle Taxifahrer zur gleichen Zeit auf uns gestürzt, um den Touriaufpreis abzustauben. Die Prepaid-Taxis haben 640 Rs gekostet, also galt es möglichst weit unter diesen Preis zu kommen. Angefangen hat es mit dem ersten Angebot für 300 Rs von einem Fahrer, dem dann von seinem Freund die Hand vor den Mund gedrückt wurde - war wohl der richtige Inderpreis, also den können wir eh vergessen...
Die ersten "richtigen" Angebote trudelten ein und jeder Fahrer hat beteuert, dass sein Taxi das größte wäre. Großes Taxi - großer Preis. Seh ich ein, die Fahrer wollten aber nicht einsehen, dass ich kein großes Auto brauche und mich nach 4 Monaten, in denen wir sämtliche Fortbewegungsmitteln "indisch" genutzt haben - also mit der doppelten Personenanzahl - auch mit meinem großen Rucksack in ein kleines Tuktuk quetsche und deshalb keinen xxl-Preis zahlen möchte. Das ganze hätte passiv aggressives Verhandeln werden können, wir waren aber alle (inklusive Taxifahrer) in einer sehr humorvollen Stimmung und es war ein Spaß!
Nur ein minimaler Einblick:

"I don't want to buy your Taxi, I just want to go to Varanasi"
Taxifahrer "Aaaahh, I have a greaaat Taxi, good price, good price!"
"I don't neeeeed a huge Taxi!"
Taxifahrer "500 Rs"
"We already have a offer for 400"
Taxifahrer "ok, 450"
"You are out, oouuuuut, ouuuuuut!"
Taxifahrer "Aaahhh Taxi in Delhi way cheaper, here fuel very expensive!"

Als sie dann gemerkt haben, dass wir wissen, wie viel das Benzin in Indien kostet, waren sie dann etwas verdattert ;-)

Nach weiteren humorvollen Verhandlungsrunden, bei denen wir ihnen klar gemacht haben, dass sie entweder hier mit ihren Freunden spielen oder ein Geschäft machen können, haben wir dann doch tatsächlich ein großes Taxi für 550 Rs bekommen. Wir waren mittlerweile zu fünft, weil sich eine Französin das Taxi mit uns teilen wollte, also brauchten wir ein großes Taxi - verdammt ;-)

Einer der Fahrer wollte dann 50 Rs Vermittlungsgebühr, weil er den Fahrer zu dem Preis überredet hätte. Wir mussten lachen und haben den Kopf geschüttelt - daraufhin hat er sich neben unser Auto lachend auf den Boden gesetzt und gerufen "50 Rs, 50 Rs, ..." und dabei rhythmisch seine Faust in die Luft gestreckt. Es war einfach lustig:P

Tja das war eine lange Einleitung für den Blogeintrag aus Varanasi.
Nunja, mit Varanasi haben wir auch noch den letzten Teil des Indien-Pflichtprogramms: den Ganges

Varanasi ist die heiligste Stadt für Hindus in Indien, vorallem wegen dem heiligen Ganges. Viele Inder kommen zum Sterben nach Varanasi, oder um ihre Krankheiten durch ein Bad im Ganges zu heilen.
Dementsprechend viele Schockmomente hatte ich hier im Vergleich zum Rest von Indien. Eine Frau mit Riesenwarzen am ganzen Körper, das rechte Auge war nur noch ein Geschwülst. Ein Mann mit Fußstumpen, bei denen ich mich gefragt hat, ob er Lepra hat. Vorallem bei einem Mann mit Elefantenkrankheit musste ich ordentlich schlucken, um nicht laut aufzuschreien und mein Pokerface ist mir ordentlich verrutscht - das Gesicht war von einem großen Fleischlappen überdeckt, dass unter den Augen begonnen hat und direkt über Nase und Mund hing. Allerdings ist Indien wohl nicht der schlechteste Land, um wie ein Elefant auszusehen, da Ganesha, einer der Lieblingsgötter einen Elefantenkopf hat. Ein kleiner Bildungsexkurs:

Von Shiva, einem der drei Hauptgötter des Hinduismus, hab ich in einem alten Blog schon einmal geschrieben. Parvati, seine Frau, nahm eines Tages ein Bad und schuf sich einen Sohn (Ganesha), dem sie befahl die Tür zu ihrem Badezimmer zu bewachen. Als Shiva nach Hause kam und zu seiner Frau ins Bad wollte, lies ihn Ganesha, der ihn nicht kannte,  nicht eintreten und Shiva war so erzürnt, dass er ihm den Kopf abschlug. Parvati war am Boden zerstört, als sie merkte, dass ihr Mann ihren Sohn enthauptete. Da Shiva seine Tat nicht rückgängig machen konnte, schickte er seine Männer los, um ihm den Kopf des ersten Lebewesens zu bringen, das sie auf ihrem Weg finden würden. Tja und so kams, dass sie den Kopf eines schlafenden Elefanten gebracht haben und Shiva diesen auf den Körper von Ganesha setzte.

Früh am Morgen haben wir ein Boot gemietet und sind über den Ganges geschippert.

Der Ganges vor Sonnenaufgang

Ein Bad im heiligen Fluss

Wäsche waschen
 Ich kann nicht sagen, dass ich glaube, dass die Wäsche sauber wird, da ich gesehn hab, was da alles rumschwimmt... Unter anderem tote Ziegen und Kühe und von der Ferne hab ich auch eine Leiche treiben sehen, auf denen ein paar Vögel saßen und pickten. Die meisten Leichen werden verbrannt, außer Kinder und Menschen, die durch einen Kobrabiss gestorben sind.
Es gibt zwei Ghats, Treppen zum Ganges, an denen Leichen verbrannt werden und man sieht sehr viele Trauerumzüge, die mit bunten Stoffen umwickelte Leichen durch die Gassen zum Wasser tragen.

Ghats, die Treppen zum Ganges

 Ich war erst skeptisch aber Varanasi war echt sehenswert - vorallem weil ich hier den besten Lassi (Yoghurt-Eiswassergetränk) und den besten (und vor allem größten) Thali in ganz Indien hatte.

Achja, der Ganges soll bis 2014 wieder sauber werden - ich glaube noch nicht daran... Allerdings gibt es zahlreiche Fische und Enten (lebendig) und dann kann es gar nicht mehr so schlimm sein. Einen kräftigen Schluck würde ich trotzdem nicht nehmen und ich hab auch vermieden meine Finger ins Wasser zu halten - just in case ;-)

In Varanasi haben wir uns dann von Kjersti und Evelyn getrennt und sind zu zweit nach Bodhgaya, der Geburtststädte des Buddhismus, gefahren. Unter einem Baum neben dem Tempel in Bodhgaya hatte Buddha seine Erleuchtung und zahlreiche Statuen und verschiedensten Tempel der buddhistischen Länder sind hier vertreten.



der wichtigste Tempel des Buddhismus

der Baum der Erleuchtung

Thailändischer, buddhistischer Tempel

der stehende Buddha - es gibt ihn noch liegend und sitzend, wer häts gedacht ;-)
 Ein Pflichtprogramm war der 23m-hohe Buddha, der bis jetzt die beeindruckenste Statue war, vor der ich stand!

Ich weiß jetzt übrigens, was die Inder mit den Fotos machen, auf denen ich zu sehen bin: Entwickeln lassen und kaufen... Diese Familie hab ich nämlich am nächsten Tag am Bahnhof in Gaya getroffen und sie haben mir ganz stolz das Foto von uns fünf gezeigt.



Wir haben uns dann noch etwas unterhalten und sie wollte wissen, ob Daniel und ich eine "love-marriage" haben - das ist ganz, ganz wichtig und wird immer betont. Ich meinte dann, dass es in Deutschland keine arrangierten Ehen gibt (nimmt man jetzt mal Vermittlungsagenturen und andere Partnerschaftsinsitute aus). Daraufhin meinte sie "You know, love marriage in India is not so easy..." und ich "Yes, I know, both families  have to love each other" und daraufhin hat sie nur noch gegluckst "Yeeeaaah, exactly...". Dieses Gespräch war wirklich schön und Daniel wird seitdem nicht müde mir immer wieder zu sagen, dass ich jetzt einen sehr sehr zentralen Platz in ihrem Wohnzimmer bekomme.

Ich hatte aber auch durchaus Zeit für ein Schwätzchen, weil unser Zug 8,5 Stunden Verspätung hatte. Um 4h morgens sollte er fahren, um 3:30 waren wir am Bahnhof und uns wurde nur gesagt, dass er vermutlich um 8h fahren wird - also wir wieder zurück ins Hotel. Um 7:30 waren wir wieder am Bahnhof, da sollte er dann um 10:15 kommen. Um 12:30 war er dann da - only in India...
In Europa hätte man sein Ticket voll erstattet bekommen - just saying... ;-)

Wir sind also gestern 8,5 Stunden später in Kalkutta angekommen als geplant und hatten somit einen Tag weniger, um uns die Stadt anzuschaun. Auch nicht schlimm, denn ich leide mittlerweile schon so an Reizüberlutung, dass ich mir gar keine Städte mehr anschaun mag: Tempel, Paläste, Forts - das ist dann halt irgendwann alles ähnlich. Ich bin nach 4 Monaten jetzt auch langsam mit Indien fertig und bereit für was Neues! Vorallem essenstechnisch freu ich mich auf was frisches und auf Thaicurry, bei denen das Gemüse noch nicht total totgekocht ist. Da kommt es ganz gut, dass wir am Dienstag nach Bangkok fliegen. Da halten wir noch ein paar Tage durch, um diese Stadt genießen zu können und dann gibt es für uns eine Woche Tauchkurs! Da freu ich mich schon fast am meisten auf: KEINE MENSCHEN ;-)

Der Rattentempel von Deschnoke


Unsere letzte Station in Rajasthan haben wir eher unfreiwillig eingelegt. Von Jaisalmer wollten wir so schnell wie möglich nach Varanasi, die heilige Stadt am Ganges. Leider hatte der Direktzug (17 Stunden) keine Plätze im Schlafabteil mehr frei und der Flug von Jodphur aus hätte uns 200 Euro gekostet. Für indische Verhältnisse ist das ein sündhaftteurer Flug. Deswegen haben wir in Jaisalmer den Nachtbus genommen und sind sieben Stunden nach Bikaner gefahren. Bikaner hat ebenfalls wieder eine Burg und einen Palast, die wir dieses Mal aber zugunsten eines Tempels links liegen haben lassen. In einem kleinen Ort in der Nähe von Bikaner gibt es nämlich einen Tempel, der Ratten gewidmet ist. Das verschlafene Nest heißt Deschnoke und dort glauben die Einwohner, dass sie nach ihrem Tod Ratten werden und das Ratten nach dem Tod Einwohner von Deschnoke werden.


Als uns klar wurde, dass wir nur über Bikaner nach Varanasi kommen können habe ich mal in die Runde geworfen, dass wir ja diesen Tempel besuchen könnten. Lisa, Evelyn und Kjersti haben zu diesem Zeitpunkt jedoch noch nicht die gleiche Begeisterung für einen Tempel voller Ratten aufbringen können. Nunja, steter Tropfen höhlt den Stein. Der Rattentempel wurde noch ein bis zwei Mal besprochen und plötzlich saßen wir in Bikaner im local train nach Deschnoke. Die Mädls hatten sich jeweils dicke Socken eingepackt, um die möglichen „Segnungen“ (in Deschnoke ist es ein Segen, wenn einem eine Ratte über den Fuß läuft) ertragen zu können.

Mit Evelyn und Kjersti vor dem Tempel - noch ohne Ratten

Am Eingang wird's einem noch einmal deutlich gezeigt: Hier geben Ratten den Ton an!


Vor Ort war dann aber alles nur halb so schlimm wie befürchtet, da die Ratten nicht zu der indischen Sorte gehörten, die zur Gigantomanie neigt und sich zum anderen die Anzahl der Ratten in einem halbwegs erträglichen Maß bewegt hat. Wir konnten vor Ort also Unmengen von Ratten bestaunen und in einem kleinen Museum etwas mehr über die Göttin des Tempels erfahren. Nach 28 Monaten Schwangerschaft wurde die Göttin geboren und hat in ihre Leben unter anderem mehrfach Menschen nach Kobrabissen das Leben gerettet, ein Holzbein für ein Kamel gebaut und während dem melken einer Kuh mit einem „atomic power“-Strahl (wörtliches Zitat unseres Guides) einen Mann in einem weit entfernten Meer das Leben gerettet, 250 Männer mit 25 Chapati ernährt (die Geschichte klingt bekannt) und ihren Sohn wieder zum Leben erweckt. Nach diesen Ausführungen erschien es mir mehr als angebracht dieser Frau einen Tempel zu errichten und ich habe den Museumsguide zu seiner direkten Abstammung von dieser Göttin herzlich gratuliert. Über die Parallelen zur Bibel mussten wir alle ziemlich schmunzeln.


Lisa noch ganz skeptisch

Ziegenmilch für die heiligen Ratten

Und keinen Schritt näher





Evelyn auf dem Weg zum Altar

Der Altar des Rattentempels







Kjesrti hat dann beim mittäglichen Thali das Ganze auf den Punkt gebracht. Da dieser Glauben jünger als 500 Jahre ist hätte doch zumindest einer in Deschnoke sagen müssen „Wait a minute, that doesn’t make sense at all…“. Wo man allerdings die Linie zieht und sagt, dass die Grenze zum Absurden überschritten wurde ist nicht ganz einfach. Wenn Jonas im Walbauch, Maria als Jungfrau und Jesus auf dem Wasser legitime Geschichten in unserer Kultur sind, dann muss ich mich wohl auch mit einer Frau, die Holzbeine für Kamele schnitzt anfreunden.

Auf der Rückfahrt von Deschnoke nach Bikaner war der Zug so überfüllt, dass wir einfach auf die Gepäckablage geklettert sind und uns es dort gemütlich gemacht haben. Indien pur. 

May I take a  picture? - AGAIN!?

Evelyn macht sich's gemütlich

Wir zusammen mit Kjersti

Jaipur



Rajasthan ist einer der unglaublich schönen indischen Bundesstaaten. Es liegt westlich von Delhi und war früher einmal ein riesiger Dschungel in dem unterschiedliche muslimische Mogule ihre Königreiche hatten. Heute ist Rajasthan zum größten Teil Steppe und Wüste, vom dichten Dschungel ist nicht viel geblieben. Die Mogulkönige gibt es auch nicht mehr, allerdings jedoch ihre beeindruckenden Paläste, Tempel und Burgen. In meinem Post werde ich euch die Städte Jaipur, Jodhpur, Jaisalmer und Bikaner vorstellen.

In Rajasthan haben die Städte Beinamen, die sie beschreiben. Jaipur ist die pinke Stadt, da zu Ehren des Besuches des britischen Kronprinzens aus Wales die gesamte Stadt einmal in der Farbe der Gastfreundschaft – Pink – angemalt wurde. Jodhpur ist die blaue Stadt, da die Häuser der höchsten Kaste, den Brahmins, früher blau angemalt wurden. Offiziell gibt es das Kastensystem nicht mehr, deswegen kann heute jeder sein Haus in Jodhpur blau anstreichen. Meine persönliche Erfahrung sagt mir aber mittlerweile, dass es wohlimmer noch nur die Brahmins sind, die die Häuser tatsächlich komplett blau bemalen. Jaisalmer ist die goldene Stadt, wahrscheinlich aufgrund der Farbe des verwendeten Sandsteins für das Fort und die Altstadt – angemalt wie in Jaipur und Jodhpur wurde hier auf jeden Fall nichts.

Jaipur ist eine der ersten Stationen, in denen der Standarttourist in Indien aufschlägt. Nach der Ankunft in Delhi geht es für die meisten Besucher entweder Richtung Kashmir oder nach Rajasthan. Dementsprechend grün sind viele von unseren Mitreisenden noch hinter den Ohren. Wir hatten nach mittlerweile vier Monaten Indien die Tricks der Nepper und Schlepper raus und waren dann und wann nur noch von der absoluten Dreistigkeit der Profis im Touristengeschäft überrascht. Aber dazu später mehr. Die Stadt an sich ist wohl die hektischste und lauteste in ganz Rajasthan, da sie eben nicht nur ein beliebtes Urlaubsziel ist, sondern auch noch die Hauptstadt des Bundesstaates. Bei unserer Tour vom Flughafen zum Hotel wurde uns von unserem netten Tuktukfahrer Parlament, Regierungssitz, Gericht und die ein paar Ministerien und Behörden gezeigt. Da hat mein Politologenherz gleich höher geschlagen, fachsimpeln über Politik in Rajasthan war mit Abdul aber leider nicht möglich. Lisa und ich haben noch einen Tag an unseren Hausarbeiten für den Peace and Conflict Kurs geschrieben und dann mit Kjersti auf Abduls Tuktuk  trotz mangelndem Politikstudium hab ich ihn ins Herz geschlossen - die Stadt unsicher gemacht. Die erste Station auf unserer Tour war der Stadtpalast des Mogulkönigs von Jaipur. Da die Mogule alle muslimischen Glaubens waren haben die Paläste und Burgen architektonische Besonderheiten, eine optische Trennung der Männer- und Frauenbereiche. Erreicht wird das unter anderem durch feine geschwungene Verzierungen in den Fenstern, die es einem ermöglichen von innen nach außen zu gucken aber dabei selber nicht gesehen zu werden. Der Stadtpalast in Jaipur hatte darüber hinaus zahllose kleine Fenster, die ihn das Aussehen einer Bienenwabe verliehen haben und durch die die (zahlreichen) Frauen des Mogul Feste und Paraden in der Stadt beobachten konnten. 

Stadtpalast in Jaipur

Rausgucken geht, reingucken nicht.
In direkter Nähe neben den Frauengemächern war dann auch das nächste Hobby des Moguls zu finden, für das er keine Kosten und Mühen gescheut hat. Ein riesiger Park mit unzähligen steinernen astrologischen Instrumenten. Dort findet man unterschiedliche Sonnenuhren, unteranderem, wie uns unser Guide versichern konnte, die größte Sonnenuhr des Universums. Potzblitz.

Diese Sonnenuhr war aber wirklich enorm und konnte die Zeit auf großen Marmortafeln auf zwei Sekunden genau anzeigen. Darüber hinaus gab es noch Instrumente zur Bestimmung der Position von Sternen, der Höhe der Sonne und der Sternzeichen. Horoskope sind in Indien bis heute nämlich noch von großer Bedeutung und werden auch für Hochzeiten herangezogen. Unser Guide hat uns anhand unserer Sternzeichen ne knackige Kurzbeschreibungen unserer Charaktereigenschaften in einem Satz gegeben bei der sich mein proaktives Zuhören wohl ausgezahlt hat. Während Kjersti und Lisa Sternzeichenmäßig für den Guide die wohl größten Kratzbürsten auf der Erde waren wurde mir mit schmeichelnden Komplimenten der Bauch gepinselt. 

Sonnenuhr mit 30 Sekunden Genauigkeit

Unser Guide beim überprüfen der Uhrzeit.

Lisa checkt noch einmal.


Die größte Sonnenuhr des Universums!

Sonnenuhr für den Winter

Lisa und Kjersti

Apparatur zur Bestimmung der Sonnenhöhe


Vom Astrologiepark ging’s dann für mich mit Selbstbewusstsein in ungeahnter Höhe zum berühmten Amber Fort. Auf dem Weg hin haben wir zuerst bei einem See gestoppt und einen Wasserpalast bestaunt bevor wir auf der Straße auf zwei Elefanten gestoßen sind. Abdul hat als erfahrener Touriguide natürlich sofort das Tuktuk an den Straßenrand gestellt und wir konnten den Elefanten streicheln. Der Elefantenführer wollte im Anschluss an unser Verwöhnprogramm für seinen Elefanten dann auch noch Geld. Wir haben ihm 5 Rupien angeboten, er wollte 50. Mit Grünschnäbeln kann er das ja machen, wir haben ihm nett den Scheibenwischer gezeigt und sind ohne zu zahlen in Abduls Tuktuk verschwunden.

Wasserpalast in Jaipur

Kjersti beim Elefantenstreicheln

Das Amber Fort

Affe beim Plündern eines Tempels.

Der Eingang zum Palast im Amber Fort

Im Innenhof

Die Gärten vor dem Fort

Excuse me, may I take a picture? - Again!
Nachdem wir das Amber Fort besichtigt hatten waren wir von Abdul begeistert. Umsichtiger Fahrer, netter Kerl und sehr guter Guide mit überraschend fließendem Englisch. Bisher waren wir das in dieser Kombination nicht gewohnt. Entweder gutes Englisch und Ganove oder schlechter Guide und die meisten waren fürchterliche Fahrer die die Straßenverkehrsordnung und/oder die Straßen an sich in ihrer Stadt nicht kannten. Abdul hatte das alles voll drauf und wir sind schwach geworden. Auf seine Frage, ob wir eine Handarbeitsfabrik besuchen wollen haben wir mit ja geantwortet. Die Fabriken sind sowas wie die Butterfahrten auf der Nordsee oder ne Heizdeckentour mit dem Seniorenheim in den Harz. Jeder mit klarem Verstand macht sowas einfach nicht. Uns wurde klar, dass an Abduls Fabrik nichts „absolutly tradtional“ war als wir da aufgeschlagen sind. Zuerst wurden wir von einem netten Herrn in eine kleine Lagerhalle gebracht in der drei Männer ein großes weißes Laken mit Holzstempeln und pflanzlicher Farbe verzierten. Für uns wurde dieser Produktionsprozess unterbrochen und anhand eines kleinen Stoffstücks demonstriert wie dieser Stempeldruck funktioniert. Für alle die, die im Kindergarten Kartoffelstempel gebastelt haben ist das alles andere als spannend. Ich habe dann angefangen mir die Zeit mit Fragen zu vertreiben. Unteranderem wurde mehrfach betont, dass in dieser Lagerhalle für den Export produziert wird, was mich dann doch durchaus erheitert hat. Mit Fragen zu Stückzahl, Umsatzmenge und Exportländern habe ich unseren Führer dann soweit gebracht, dass er uns erzählt hat, dass ja eigentlich in einer Fabrik 45 Kilometer außerhalb von Jaipur produziert wird und hier nur zur Veranschaulichung ein Laken von drei altersschwachen Indern im Schleichtempo bedruckt wird. Das Ganze war nur ne ziemlich schlechte Show für den Verkaufsraum nebenan, der 3-4 mal so groß war und in dem dann auch die zehnfache Anzahl von Indern gearbeitet hat. Die Waren in diesem Laden waren aber der gleiche Schund, den man in jedem x-beliebigen Straßenstand bekommen kann. Wir waren etwas angepisst und Abdul hat ziemlich schnell gemerkt, dass das mit dem Trinkgeld bei dieser Tour wohl nix mehr wird. Da die Tour aber ansonsten ziemlich schön war und wir im Anschluss einen richtig geilen Thali gegessen haben beleibt Jaiphur in schöner Erinnerung.

Arbeiter in der "Fabrik"

Die Farbstempel


Das Beispiel für doofe Touristen

Hier wird für den Export produziert...

Jaipur hatte noch VIEL mehr zu bieten. Alles kann man aber nicht in Worte fassen, deswegen findet ihr hier ein paar mehr Bilder:

Das Moongate - Abdul wurde nicht müde zu betonen, dass es nach dem Mond benannt wurde...

Schneider am Straßenrand

Einer der Straßenstände - die sind echt lecker!

Sauwohl in Jaipur

Neue Freunde...

Jungsträume

Klassiker!


Eine der zahllosen Buden, in denen Touristen abgezockt werden