Dienstag

Kulturschock


Die letzten Einträge waren alle von der Kategorie „sprühend begeistert“, deshalb hab ich mal beschlossen einen Eintrag über den Kulturschock zu schreiben. Konkret heißt das: Dinge, die mich nerven, ekeln und verwirren. Viel Spaß ;-)

Kategorie „nerven“:
In Pondicherry ist der Straßenverkehr noch relativ gemäßigt – zumindest im Vergleich mit der Megacity Delhi. Trotzdem muss man hier bei jedem Schritt aufpassen, damit man nicht überfahren wird. In Tuktuks kann die Fahrt schon mal unentspannt sein, wenn man dem Fahrer nicht zutraut einen heil von A nach B zu bringen. Da jeder der Regel folgt, dass es keine Regeln gibt, muss man genau aufpassen, dass man nicht unvorhergesehen einen unbedachten Schritt nach links oder rechts macht – die Gefahr ist schon groß, dass sich ein Motorrad oder Fahrrad an einem vorbei quetschen will...
Wenn man im Bus sitzt, hat man noch die besten Karten. Allerdings will man dann gar nicht so genau aus dem Fenster schauen, wenn die Fahrer die Muskeln spielen lassen und alles überholen, was nur 2 oder 3 Räder hat oder schlicht zu langsam ist. Wie nahe die Busse aneinander vorbeirauschen wird einem klar, wenn der Fahrer hektische Flecken bekommt, weil man den Ellenbogen aus dem offenen Busfenster hängen lässt – da werden dann seine Englischkenntnisse plötzlich gar nicht so unbrauchbar ;-)

Das indische Essen geht mir hier und da auf die Nerven... Ich hatte die komplette erste Woche in Pondi einen „indischen Magen“ und seitdem habe ich ähnliche Probleme mit indischem Essen, wie mit Tequila nach einer durchzechten Nacht. Es wird langsam besser, aber das fettige, durchgekochte, überwürzte Essen kann ich nicht jeden Tag sehen. Da wünsch ich mir hier und da mal eine Schüssel frischen Salat – auch wieder schwierig das im Restaurant zu bestellen. Die Regel: Cook it, fry it, peel it or leave it.

Kategorie „ekeln“:
Wir haben gestern nach einer Party ein Mädl aus Norwegen heim gebracht und sie hat den Nagel auf den Kopf getroffen: „India is such a colourful country, but it stinks like shit“ - und das ist nicht verwunderlich, wenn man den Müll auf den Straßen sieht... Pondi ist noch eine sehr gepflegte Stadt, aber das Müllproblem gibt es hier auch. Diese kleine ehemals französische Stadt wird mit einem permanent süßlichen Geruch überlagert, den man eigentlich gar nicht so genau definieren möchte. Es wäre aber nicht Indien, wenn man nicht gezwungen werden würde es zu definieren. Immerhin ist es sehr offensichtlich, woher der süßliche Geruch kommt – die Inder machen da kein großes Geheimnis drum... 
Die Frage, die sich uns dann allen recht zügig stellt, ist wie das im „Outdoorbereich“ mit der Hygiene „danach“ funktioniert – meine Befürchtung: gar nicht...
Wie das im „Indoor“ funktioniert, ist auch noch nicht voll geklärt, aber in jeder Toilette steht ein Eimer und ein kleinerer Becher und in besseren Toiletten gibt es zusätzlich einen Schlauch mit Sprühkopf. Man benötigt nur ein kleines bisschen Kreativität, um zu erahnen wie das funktionieren soll. Angesichts der Überlegungen, bin ich aber gewillt 2 Euro für 4 Rollen Toilettenpapier auszugeben – so viel westlicher Luxus muss sein ;-)

Ok, die Kategorie „ekeln“ könnte etwas länger werden...

Ziemlich unappetitlich finde ich auch die Methode sich die Nase zu putzen. Man nehme die linke Hand, schneuze hinein und schnippe den gewonnenen Output mit einer gekonnten Handbewegung (wie Spiderman seine Spinnweben entlässt) auf den Boden – fertig. Händewaschen? Ich glaub das ist eher so eine tägliche Aktivität und wird nicht nach jedem Vorgang wiederholt – eeeekelhaft...

So könnte ich jetzt noch weiter machen, aber ihr wollt heute ja vielleicht noch essen, deshalb geh ich mal zu netteren Themen über :-)

Kategorie „verwirren“
Jetzt sind wir schon seit ca. 4 Wochen in Indien und seit ein paar Wochen in Pondicherry, aber da sind immer noch ein paar Sachen, die mich verwirren...
Pondicherry liegt in Tamil Nadu, einem Südöstlichen „Bundesstaat“ von Indien. Die Sprache ist hier Tamil und die Sprache find ich schon ziemlich witzig, hab mich aber aus Zeitgründen doch dagegen entschieden sie zu lernen.
Vadakaam ist hallo
Nandri ist danke
damit kommt man vorerst ganz gut durch den Alltag...
Der verwirrende Part in Tamil Nadu ist das Kopfschütteln. Die Kopfbewegung ist nicht mal ein richtiges Schütteln nach links und rechts, eher die Nachempfindung eines Unendlichzeichens (liegende Acht). Ein permanentes wippen nach links und rechts. Dieses Wippen kann ja, nein oder vielleicht heißen – also universell und damit noch verwirrender...
Wenn man beim Punjabi-kauf fragt, ob sie auch ein Modell in Baumwolle haben und er schüttelt den Kopf, bin ich enttäuscht – zieht er dann 10 Modelle hinter sich aus dem Regal, bin ich verwirrt... Trotzdem finde ich, dass das ganz zauberhaft ist, wie ein Volk von Wackeldackeln, die von rechts nach links wackeln anstatt von oben nach unten ;)

Hier gibt es noch mehrere verwirrende Sachen, aber ich beende jetzt meinen Nachmittag am Pool (ein Nachmittag pro Woche muss drin sein) und fahre heim.
Heute Abend haben wir kulturellen Abend auf der Dachterrasse eines der anderen Wohnhäuser und es wird ein Bollywoodfilm gezeigt. Wie mir versichert wurde, keiner dieser „typisch kitschigen“ Bollywoodfilme, bei der die Lovestory seicht, die Tanz- und Singeinlagen häufig und lang sind und der ganze Film mit Farben überlagert wird, als wäre eine Farbbombe explodiert...
Ich berichte, wie es war...

P.S. Der Film ist ausgefallen, weil es einen großen Stromausfall gab – welcome to India...
Das alternative Kulturprogramm waren ein paar Bier im Kerzenlicht auf unserer Dachterrasse :-)

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