Morgen fliegen wir spontan nach Mumbai. Eigentlich wollten wir noch nach Hampi fahren und durch die Steinruinen schlendern, aber wir konnten keine Zugtickets online buchen und angeblich waren sie ausgebucht. Naja, dann gibts woanders noch Steinhaufen zu begutachten, uns ziehts dann halt früher nach Mumbai!
Manche haben vielleicht schon Daniels Foto zu unserer Reisebibliothek gesehen. Das ist nur ein leichter Vorgeschmack auf die Gewichtsprobleme, die wir bei einem Flug bekommen hätten. Meine Liebe zu Ledertaschen aus Wasserbüffelleder hat auch noch dazu beigetragen, dass wir ca. 13 Kilo heimschicken mussten.
Wir haben kurz zwischen DHL und der indischen Post hin- und herüberlegt und abgewägt... Lonely Planet hat gesagt, dass Pakete ziemlich zuverlässig ankommen, also sollte das Paket verschollen gehen, sollte es wenigstens nicht zu teuer gewesen sein. Da DHL ca. 200 Euro und die indische Post 50 Euro kostet, war dann die Entscheidung klar - Risikooo
Also gings für mich heute mit dem Rucksack voller Sachen zum Postoffice.
Aber noch nicht so schnell... Wir dürfen uns ja den Fahrer von Christina ausleihen - zumindest theoretisch, würde er auftauchen... Gegen 9h wars ausgemacht, um 10h war ich fertig und um 11h ist er aufgetaucht - nachdem wir ihn angerufen haben und noch eine halbe Stunde gewartet haben. Nunja, Standpauke von Daniel bekommen, danach war er ausgesprochen freundlich zu mir (Ich: guter Cop).
Im Lonely Planet hab ich gelesen, dass man nicht so ohne weiteres in ein Post office spaziere kann und erwarten kann, dass man alles dort bekommt, deshalb wollte ich davor noch zum Supermarkt. Wusste der neue Fahrer nicht, wo er einen findet und ich hab schon das größte Chaos vorhergesehen. Das war der Punkt, an dem ich vom guten zum bösen Cop gewechselt bin...
Es gibt so Tage in Indien, da hasse ich alles - a l l e s...
Kurzzeitig war das heute so ein Tag, dann hab ich beschlossen es mit Humor zu nehmen.
Ich muss sagen, dass ich heute Früh mit dem falschen Bein aufgestanden bin und eine ziemliche Kratzbürste war - die Wenigsten dürften mich so kennen :P
Naja, hier eine Kurzanleitung wie ein Paket in Indien versendet werden muss.
Man benötigt:
1x Karton, xxl
1x 3m Stoff, weiß
1x Kleber
1x Paketschnur
1x Edding, wasserfest
1x Kugelschreiber
1x Verhandlungstalent
1x Humor
1x Optimismus
Das Postoffice war auf einem großen Gelände einer anderen Organisation und dort angekommen wurden wir vom Guard belehrt, dass wir innerhalb der Mauer nicht parken können. Ich hab dann vom Rücksitz aus das Meckern angefangen, dass ich das ganze Zeug ja nicht quer übers Gelände schleifen kann. (Ok, ich war schon echt mies drauf ^^).
Der Guard hat dann in einem sehr sehr langsamen und lauten Englisch zu mir gesprochen, als würde er mit einer alten Lady sprechen "Y O U C A N ' T P A R K I N S I D E"... Daraufhin meine Antwort "I U N D E R S T A N D Y O U..."
Wie gesagt, ich war echt genervt und es sollte noch besser kommen...
Dort angekommen, wurde mir klar, dass es vielleicht nicht so klug war als weiße Frau alleine ein Paket aufzugeben...
Erste Aufgabe: Man suche einen Karton.
Den kann man nicht wie angenommen im Postoffice kaufen und wurde mir dann aber zum Glück vom mittlerweile handzahmen Fahrer organisiert. Zwischen den nächsten Schritten ergibt sich im Schnitt eine mitgestoppte Wartezeit von 20-60min
Als nächstes mussten wir weißen Stoff kaufen und einen Schneider finden, der mir das Paket einnäht.
Die Diebstahlrate scheint hier sonst zu groß zu sein...
Nuuunja... zu Fuß hinter dem Fahrer hergedackelt, Paket im Auto, keine Maße genommen, Stoffgeschäft gefunden.
Der Fahrer und Stoffhändler waren sich dann einig, dass zwei Meter Stoff reichen - ich wollte noch einen weiteren Meter kaufen, weil das rein nach Augenmaß einfach zu wenig war. Ich wurde überstimmt, also nur 2m...
Als nächstes suche man einen Schneider. Wir sind da erst ohne Paket hingegangen, um abzuklären, ob er gruundsätzlich bereit wäre das Paket einzunähen. Das OK bekommen, also gings zurück zum Auto...
Bis dahin hatten wir schon eine Stunde verbraucht - nur so als kurzer Ansatzpunkt...
Beim Auto angekommen habe ich eine Toilette entdeckt und als ich dem Fahrer gesagt hab, dass ich da hingehe, hat er nur gegluckst: "It's public, haha..."
Tja, public toilets haben jetzt nicht den besten Ruf in Indien, deshalb gehe ich da jetzt auch nicht näher drauf ein - gehört ja auch nicht zur Grundgeschichte... Mich hat nur das spöttische Lächeln vom Fahrer auf die Palme gebracht - wie alles an dem Tag :P
Auf gings mit dem Auto zum Schneider, Paket abgeliefert und dann ging das Verhandeln los...
Der Schneider hat mich mit dem riesigen Auto vorfahren sehen, was die Preisverhandlungen etwas verkompliziert hat. Er wollte 400 Rupees - für 150 bekomm ich einen Punjabi geschneidert und das ist schon ein Touristenpreis... Das haben alle vier im Geschäft eingesehen, wollten aber nicht wirklich abweichen von ihrem Abzock-Touri-Preis
Bei einem Verhandlungserfolg von 250 Rupees hab ich dann aufgegeben...
Die Show war ihr Geld aber schon wert.
Vier Schneider haben ihre Arbeit unterbrochen und haben mich und mein Paket begutachtet und gefachsimpelt
Stoff: zu kurz - Hate to say I told you so...
Schneider ist dann nochmal los und hat Stoff besorgt und hat die Stoffteile zusammengenäht.
Daraus hat er eine Art Sack genäht und mein Fahrer und zwei weitere Helfer haben dann mit Schneider das Paket verpackt.
Ergebnis: zu viel Stoff steht über.
Lösung: Zuschneiden.
Methode: Abmessen, dann Zuschneiden.
Ergebnis: Neuer Stoffsack ist zu klein
Lösung: Alle Nähte auftrennen, alte und neue Stoffbahn wieder zusammennähen
Ergebnis: gleich großer Stoffsack wie am Anfang
Lösung: Überstehende Ecken mit der Hand vernähen
Dieses Spektakel hat mich eine Stunde gekostet...
Das war allerdings der Punkt, an dem ich einfach nur noch schmunzelnd da saß, weil ich mir dachte - das glaubt dir keiner...
Auch als der Nachbar nebenan angefangen hat sein Auto abzuschleifen und neu zu lackieren und die Dämpfe und der feine Staub schön in die Garage des Schneiders reingezogen sind und ich dann mit meinem Tuch vorm Gesicht dasaß und ganz dämmrig wurde... Tja, that's India... :P
Bis dahin hatte mich das ganze Manöver bereits zwei Stunden gekostet - aber ich hatte nun ein Paket in weißen Leinen vernäht - herzlichen Glückwunsch :-)
Nächster Schritt:
Utensilien kaufen.
In einem weiteren Laden (weit ab vom Post office) hab ich mir dann Kleber, Tesa und Textmarker gekauft. Weil man die Adresse dann mit wasserfesten Klebestift auf das weißvernähte Paket schreiben muss und sich bereit halten sollte, für den Fall, dass im Post office noch irgendetwas geklebt werden muss.
Uuuund nun haben wir es fast geschafft...
Zurück gefahren zum Post office und erstmal schön in die Schlange gestellt. Der Fahrer hat mich dann aber dazu ermutigt mich einfach vorzudrängeln und mir das Formular für den Zoll einfach schonmal zu holen. Formulare in doppelter Ausführung ausgefüllt und wieder in die Schlange gestellt.
Nach einer gewissen Wartezeit bin ich dann an die Reihe gekommen und bis dahin hab ich das Paket schon so lieb gewonnen, dass es beinah seltsam war es relativ unproblematisch aufzugeben - uuund weg wars...
Es hat 1000 Rupees mehr gekostet als im Internet kalkuliert, aber nach 3 Stunden macht man dann wegen 15 Euro keinen Rückzieher mehr...
Jetzt benötigen wir noch Optimismus und etwas Glück, dass es ankommt.
Humor hab ich heute schon bewiesen - der kam nach der ersten Stunde, hatte etwas Probleme im zweiten Akt, um dann aber ganz groß in der dritten Stunde das ganze Manöver zu genießen.
Auf dem Rückweg hat mich der Fahrer dann im Auto gefragt, wie lange es in Deutschland dauert ein Paket zu verschicken. Meine Antwort: max. 20 min.
Und ich hab ihm meinen Lieblingssatz in Indien zur Beschwichtigung gesagt: "Das muss man alles in den Kontext setzen"...
... das war also mein Paketversand in Indien, oder um es mit einem Video zu sagen:
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